Baujahr: 1844
Mistelgau, Bahnhofstraße 8
Geschichte / Beschreibung / Bedeutendes
Nachdem 1844 ein Teil der Fachwerkhäuser entlang der Westseite der heutigen Bahnhofstraße - vermutlich durch Brandstiftung (s. Pfr. Seggel) - ein Raub der Flammen wurden, erfolgte rasch der Wiederaufbau des stattlichen Bauernhauses in Sandstein. Den zur Straße hin ausgerichteten Ost-Giebel mit ausgeprägtem Gurtgesims ziert ein einzigartiger Fassadenschmuck mit insgesamt fünf unterschiedlich gestalteten Fensterschürzen. Sie befinden sich jeweils unter einer dicken, nach unten sich verjüngenden, profilierten Fensterbank aus Sandstein. Selbst die kleinen Abseitenfenster werden optisch durch einen gefalzten und durch den Scharierschlag betonten Rahmen aus Sandstein hervorgehoben. Um die oberen Ecken des Fensterausschnittes ist dieser Laibungsrahmen gekröpft und geohrt, was durch die angehängten Glöckchen noch besonders betont wird.
Fensterschürze im Spitzgiebel
Die Ausgestaltung dieser wunderschönen Fensterschürze ist nahezu identisch mit der ursprünglichen Spitzgiebelschürze in der Eichenstraße 5. Die fruchttragenden Bäumchen, die das große, ein Kreuz tragendes Herz im Lorbeerkranz flankieren, sind einfacher gestaltet. Auch der Schürzenbogen mit dem halbrunden Sonnensymbol ist flacher gehalten. Die stark ausgearbeiteten, gekröpften und geohrten Sandsteinecken des Laibungsrahmens, die breite Fensterbank und die symbolträchtige Fensterschürze (Glaube, Liebe, Hoffnung und langes Leben) werden durch das einrahmende Gurtgesims besonders hervorgehoben!
Abseiten-Fensterschürzen
Als absolute Unikate sind die Fensterschürzen unter den kleinen Abseitenfenstern zu bezeichnen. Diglyphen in den seitlichen Bändern, die mit Glöckchen bestückt sind und schmalblättrige Ranken im unteren Bereich umschließen ein vierlagiges, abgestuftes Schürzenfeld mit sich zugewandten Putti. Zwar halten beide Engelchen einen Lorbeerkranz in der einen Hand und einen Zweig in der anderen. Doch schon hier zeigt sich bei genauer Betrachtung neben den nicht identisch gespiegelten Körpern, dem veränderten Gesichtsausdruck, den variierenden Flügeln und den unterschiedlich langen (Lebensbaum-) Zweigen die individuelle Ausgestaltung jeder Fensterschürze!
Die beiden mittleren Fensterschürzen
Die beiden großen Fensterschürzen unterhalb der faszierten, gekröpften, wie auch geohrten Fensterrahmung und der dicken, profilierten und sich verjüngenden Fensterbank sind nahezu identisch: Die obenauf liegende, doppellagige, seitlich gebogt ausgeschnittene Schürzenebene mit drei angehängten Quasten, ist jeweils mit einer gebogtrandigen und einer glattrandigen Schürze, an der mittig eine große Quaste hängt, unterlegt. Betont durch eine schildähnliche Umrahmung und umrankt von Weinlaub, erkennt man in der linken Schürze über Blattrispen die Buchstaben JKH, während in der rechten Schürze das Erbauungsjahr 1844 eingemeißelt wurde. Die seitlichen, unten abgerundeten, mit drei Quasten bestückten Bänder sind gefüllt mit einer tulpenähnlichen Pflanze, die aus einem kleinen Herz wächst. Wie eine Girlande umschmeicheln Weinlaubranken mit sechs dicken Reben das Schürzenrund.
Ähnlich und doch variierend wurden bei diesem als letztem erbauten Fensterschürzenhaus Teilmotive der vorher mit Fensterschürzen verzierten Sandsteinhäuser wieder aufgegriffen.
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