Baujahr: 1802
Speichersdorf, OT Plössen 1
Geschichte / Beschreibung / Bedeutendes
Bereits vor über 200 Jahren wurde dieser sehr große, einst prächtige Bauernhof mit Walmdach erbaut, Besonders interessant sind drei der insgesamt zehn Fensterschürzen, die sich im Obergeschoss, sowohI an der breit ausladenden Hofseite wie auch an der zur Straße hin ausgerichteten Nordfassade befinden. Außergewöhnlich sind dabei auch die, die Fassaden begrenzenden und stabilisierenden, dekorierten Pilaster.
Jeweils unter einer dominanten, gekröpften und sich verjüngenden Fensterbank sind, dieser Stufung angeglichen, elegant die Schürzen eingepasst.
Die sieben glatten, undekorierten Schürzen, an deren gerundetem Bauch ein Glöckchen hängt, werden - nach Weidenberger Vorbild - von seitlichen, durch Diglyphen gestreckten, eckigen Bändern mit je drei kantigen Tropfen flankiert.
Die Fensterschürze über der Stalltüre
Dass der Stall für den Bauern von besonderer Wichtigkeit ist, wird hier überdeutlich betont und besonders gewürdigt: Im doppelt profilierten, nach unten gekröpften Türsturz betont ein Schlussstein die Mitte der zweiflügeligen Stalltüre. Das dominante Sandsteingewände, mit Quasten behängter Ohrung wird seitlich jeweils bis zu den leicht vorstehenden, floral dekorierten Sockeln verlängert.
Bei der Fensterschürze oberhalb dieser Stalltüre widersetzt sich erstmals der Steinmetz dem langjährig gewohnten Gestaltungsvorbild:. Die langen, seitlichen, unten abgerundeten „Wimpel“ mit angehängtem Glöckchen flankieren harmonisch die erstmals konkav „ausgeschnittenen“ doppelt übereinander drapierten „Tücher“. Deren seitliche, leicht gebogte Enden imitieren abgestuft mit je drei kleineren Glöckchen diese seitlichen Bänder. Zwei mittig übereinander hängende, größere Glöckchen betonen diesen neuen „Schürzenzuschnitt“.
Die Fensterschürze über der Haustüre
Die formschön abgestuften Fensterbank geht auch hier elegant in das untere, ebenfalls konkav, aber abgeflachter gemeißelte Schürzentuch über, dessen seitliche, mehrfach längs gerillte Ränder mit je drei angehängten Tropfen die seitlichen Bänder imitieren. Entsprechend dem vorgekröpften Teil der Fensterbank hängt darunter ein einfaches, kleineres, konkaves Tuch mit je einem doppelt gearbeiteten Glöckchen am Tuchzipfel. Ein kürzeres und ein aufwändiger gestaltetes Glöckchen betonen die Schürzenmitte.
Die auch hier einst verzierten Sockel des Türgewändes sind schon reichlich verwittert. Am seitlich aufsteigenden Profil hängt geohrt jeweils eine große Quaste. Der diesmal nach oben gekröpfte Türsturz wird vom Kopfstein unterbrochen, dessen Ränder wie mit einer steinernen Kordel umschlungen sind. Im eingetieften Feld sind die Initialen und das Jahr der Errichtung eingearbeitet. Etwas unmotiviert wirken die flachen, löffelartigen Aufsätze auf den Eckprofilen.
Die mittlere Schürze an der Nordfassade
Als absolutes Unikat hervorzuheben ist die mittlere Schürze an der - der Straße zugewandten - Fassade:
Kürzere, glatte, seitliche Bänder, an deren abgerundeten Enden je eine Quaste sitzt, flankieren ein wiederum konkav ausgeschnittenes, glattes Tuch. Dessen überlange, abgerundete und quastenbehangene Enden umhüllen einen geflochtenen Kranz - ein Symbol für die Unendlichkeit. Zwischen einem, doppelten Kreuz und einer halben, aufgefächerten Blüte ist in deutlichen Lettern IHS gemeißelt. Es ist im Griechischen die Abkürzung für Jesus. Im Lateinischen steht es für IN HOC SIGNO = „unter diesem Zeichen“ oder Iesus Hominum Salvator („Jesus, der Retter der Menschen“) und im Deutschen wird es interpretiert als JESUS HEILAND SELIGMACHER. Das soll bedeuten: Das Haus mit all seinen Bewohnern wird dem Segen Gottes unterstellt.
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